Ein Kind ist uns geboren, ein Sohn ist uns geschenkt.
Auf seinen Schultern ruht die Herrschaft.
Gott ist uns in seinem Sohn Jesus ganz nahe gekommen, und hat uns sein Angesicht gezeigt. Christus, die menschgewordene Liebe Gottes, das Brot des Lebens, das wahre Licht, das jeden Menschen erleuchtet, und hinweg nimmt die Dunkelheiten unserer Welt.
Weihnachten ist in unserer Vorstellung ein nächtliches Geschehen. Der Glanz der Engel, die den Hirten erscheinen, strahlt stärker in der Nacht. Aber Weihnachten ist ein Fest des Lichts, wie wir im Evangelium hören werden: Das Licht kam in die Welt. Deshalb ist der Termin dieses Festes auch in die Nähe der Wintersonnenwende gelegt worden. Dieses Licht, dass diese Nacht zu uns gekommen ist, ist Gott selbst. Es ist stärker als jedes Sonnenlicht und kann selbst durch einen hellen Tag nicht überstrahlt werden. Wir nehmen es heute und jeden Tag mit in unser Leben, damit es die Dunkelheit in uns, die keine Sonne erreichen kann, erhellt und uns Freude und Leben bringt.
Nach alter Tradition feiert die katholische Kirche am Weihnachtstag drei Gottesdienste: den ersten um Mitternacht oder vorher, möglichst nahe an Mitternacht, den zweiten früh am Morgen als so genannte „Missa in Aurora“ und den dritten am hellen Tag. Während das Evangelium der ersten Messe von der Geburt des Christuskindes im Stall von Bethlehem erzählt und in der zweiten Messe von den Hirten die Rede ist, die dieses Kind staunend verehren, weitet sich die Weihnachtsbotschaft im dritten Evangeliums-Text über den engen Raum von Bethlehem und Palästina hinaus.
Dieser Text ist der Prolog des Johannesevangeliums. Er redet mit mächtigen Worten, die auch im Horizont der Weltliteratur zu den kostbarsten Texten zählen, vom Anfang. Nicht von irgendeinem Beginn, sondern vom Beginn schlechthin, vom Anfang der Welt, des ungeheuren Universums. „Im Anfang war das Wort“, sagt der Text und meint damit ein Wort über und jenseits von allen großen menschlichen Worten und kleinen geschwätzigen Wörtern. Es ist das die Welt erschaffende Wort Gottes, das im Anfang bei Gott war. Dann aber tritt dieses Wort, der Sohn Gottes, die zweite Person der göttlichen Dreifaltigkeit in die Weltgeschichte, in die Geschichte der Menschheit ein und wird ein Mensch, ein Kind. Ein ungeheurer Bogen wird hier ausgespannt vom Größten bis zum Kleinsten. „Den alle Welt nicht in sich schloss, der liegt nun in Mariens Schoß“, singt daher ein alter Weihnachts-hymnus. „Vom Größten nicht umschlossen, aber auch im Kleinsten enthalten sein, das ist göttlich“, sagt ein Wort antiker Weisheit, das so auch mit dem Weihnachtsereignis verbunden werden kann.
Die Weihnachtsbotschaft wird oft zu idyllisch dargestellt. Ihr Kern ist zwar tröstlich, er ist aber nicht idyllisch. Diese Weihnachtsbotschaft sagt ja: Gott kommt als Kind in die Welt, und er findet nur bei wenigen Menschen Aufmerksamkeit und Herberge. Draußen vor der Tür, draußen vor Bethlehem ist Jesus geboren worden, und draußen vor der Stadt Jerusalem wird er sterben, am Kreuz erhöht einsam zwischen Himmel und Erde.
Die idyllischen Weihnachtsbilder mit der Mutter Maria, dem Jesuskind und musizierenden Engeln, die tausendfach von großen Meistern der Kunst geschaffen wurden, und die darauf bezogene Weihnachtsmusik angefangen beim schlichten schönen Lied „Stille Nacht“ bis zum großen Weihnachtsoratorium von Johann Sebastian Bach haben zwar ihren unbestreitbaren Platz im rechten Feiern von Weihnachten, aber sie sind nicht das Tiefste und Wichtigste an diesem Fest. Seit Jahrzehnten wird das Weihnachtsfest tausendfach zerredet und zersungen, und das prinzipiell so sinnvolle Geben oder Austauschen von Geschenken erstarrt oft zur Banalität.
Dieses dritte Weihnachtsevangelium kann aber mit seinen mächtigen Worten den Nebel aufreißen, der sich vielerorts über dieses Fest gelegt hat und vor allem junge Menschen davon entfernt. Dieser Prolog des Johannesevangeliums redet vom Ursprung: von etwas, das höher ist als unser Höchstes und tiefer als unser Tiefstes. Er klagt auch darüber, dass viele Türen und Herzen gegenüber dem Sohn Gottes verschlossen sind, und er sagt verheißungsvoll, dass alle Menschen, die das Kind von Bethlehem, das ewige Wort Gottes, bei sich aufnehmen, selbst Kinder Gottes werden können. Eine größere Verheißung kann es nicht geben. Und das Evangelium sagt, dass das göttliche Kind ein Licht ist, das trotz seiner scheinbaren Ohnmacht mächtiger ist als alle Finsternis. Das ist der tiefste Grund dafür, dass man trotz aller Probleme und Sorgen, die uns weltweit und auch im eigenen Haus und Land bedrängen, einander „Frohe Weihnachten“ wünschen kann.
Die Texte sind Kommentare zu den Liturgischen Texten und
Ausschnitte aus einer Sammlung von Diakon Ing. Peter ERNST.
Bilder: Pixabay, Wilhelm Weiss.