Erste Vatertagsfeier war vor 110 Jahren in den USA
Zu einem Dialog über das Vater-Sein wurde die Vatertagsfeier in Wien-Hütteldorf St. Andreas am 14. Juni 2020, wo der in Polen geborenen „spirituellen Vater“, Pfarrmoderator Zdzislaw Wawrzonek den dreifachen Vater und KMB-Mitarbeiter Franz Vock und die Pfarrgemeinde über Landesgrenzen zu einem Impulsstatement im Rahmen des Gottesdienstes einlud.
Verunsicherung bei Männern
Die Feststellung Wawrzoneks, die „Väter sind heute in der Krise“ präzisierte Vock mit: „Viele Männer sind heute in der Krise. Die Emanzipationsbewegung hat bei den Frauen zu einer Stärkung des Selbstbewusstseins und bei Männern zu Verunsicherung geführt, wodurch viele Männer in eine Krise geraten sind“.
Auf Wawzoneks Hinweis vom Vater als „Ernährer“ führte Vock aus: „Das Rollenbild des Vaters hat sich gewandelt. Männer wollen heute nicht mehr auf die alleinige Rolle des Ernährers festgelegt werden. Sie tragen zur Ernährung der Familie bei, wollen aber mehr sein. Väter übernehmen heute oft auch mehr Haushaltspflichten. 19 Prozent der österreichischen Väter gehen zur Zeit in Karenz, im Durchschnitt 2 Monate“.
Eigene Vater ist oft „die Folie für unser Vater-Sein“
Auch wenn der Vatertag in der Bibel nicht vorkomme, sei es an dem vor 110 Jahren erstmals in den USA gefeierten Tag sinnvoll, aus den biblischen Quellen gestärkt darüber nachzudenken, was Vater-Sein bedeute. Drei Sätze aus den heutigen Lesungstexten bieten dazu erste Bilder für ein Vater-Sein, so Vock.
- „Oft haben wir vielleicht gar nicht gespürt, wie uns der eigene Vater auf Adlerflügeln durch die verschiedenen menschlichen und sozialen Wüsten getragen, vor Abstürzen von den Klippen des Lebens bewahrt, welche Anstrengungen er unternommen hat, damit wir festen Tritt im Leben fassen konnten (vgl. Ex 19,4). In unserem kindlichen Übermut haben wir vieles möglicherweise nur von der ´bright side´ des Lebens gesehen und gar nicht gemerkt, wie er unser Streben gelenkt und uns am Weg gehalten hat“, skizzierte Vock.
- „Vielleicht wären wir ohne ihn wie orientierungslose Schafe geblieben, die keinen Hirten haben (vgl. Mt 9,36)? In der Väterforschung wird das heute „Vaterlose Gesellschaft“ genannt. Tatsache ist: Der leibliche und/oder soziale Vater ist für unsere Entwicklung der wichtigste Mann in unserer Kindheit. Zu welchem Mann hätten wir sonst aufblicken können, wenn nicht zu unserem Vater? Vielleicht hätten wir uns ohne seine Führung mehrfach verrannt und die Orientierung verloren“, sagte Vock.
- Anknüpfend an Wawrzoneks Ausführungen unterstrich Vock: „Umsonst habt ihr empfangen, umsonst sollt ihr geben!“, sagt uns Mt 10,8. „Was wir von unserem Vater gelernt haben, die Ideale, die er vermittelt hat, die Lehren, die wir aus seinen Fehlern gezogen haben, das Bild, das er in uns hinterlassen hat, ist letztendlich immer die Folie für unser Vater-Sein“, bekräftigte Vock.
Mit Mut dem Vater-Sein Raum geben, etwas Eigenes entwickeln
„Wichtig ist es dem Vater-Sein Raum zu geben, Beziehungen möglich zu machen, Interesse zu zeigen, sich auf Kinder einzulassen“, führte Vock aus. Er unterstrich: „Männer brauchen Mut, um ihre Rolle als Vater ausfüllen zu können, dürfen sich von Frauen, der Mutter, nicht wegdrängen lassen. Sie brauchen Mut, selbstbewusst ihr Vater-Sein zu leben, sich auf die mit dem Vater-Werden und Vater-Sein aufkommenden Gefühle einzulassen“.
„Väter sind verantwortlich, ihren Kindern die richtige Erziehung zukommen zu lassen, ihnen Gottesfurcht zu lernen. Die Weitergabe des Glaubens war früher Vatersache“, erinnerte Vock.
„Frauen pflegen Beziehungen eher über das Miteinander reden, Männer eher über das gemeinsame Tun“, gab Vock zu bedenken. „Daher spielen in der Vater-Kind Beziehung Körperlichkeit, Bewegung oder Outdoor-Aktivitäten in der Natur eine große Rolle. Väter nehmen sich aber auch anders Zeit für ihr Kind, hören anders zu, fragen anders nach, spielen anders mit ihm, sind oft körperbetonter. Daher ist es wichtig, dass Väter mit ihren Kindern etwas Eigenes entwickeln, den eigenen Weg gehen“, resümierte Vock. Natürlich brauche das auch Zeit, doch „die Zeit mit meinen Kindern ist den Einkommensverlust allemal wert“, fasste es der Vater Christian Buchart für sich zusammen.
Rituale stärken Vater-Kind Beziehung
„Da die Frei- und Ruhezeiten bei Männern mit Kindern besonders knapp sind, sind oft Rituale eine gute Gelegenheit die Vater-Kind Beziehungen in der Familie zu stärken. Das können z.B. sein:
- Abendrituale wie die Kinder in das Bett bringen, mit ihnen dabei Reden, den Tag nachklingen lassen, ihnen eine gute Nacht Geschichte erzählen;
- Kinder zum Zelten, einer Wandertour, zu einem Vater-Kinder Wochenende einzuladen.
- Sportliche Männer können sie zu einem Radausflug oder Skitag mitnehmen.
- Das kann auch bedeuten, mit den Kindern am Abend zu beten, ihnen am Morgen ein Kreuzzeichen auf die Stirn zu geben“, sagte Vock.
„Auch soziale Väter spielen in unserer Gesellschaft mittlerweile eine zunehmend bedeutendere Rolle und können die Funktion des Vaters übernehmen“, ergänzte Vock, der mit dem Bibelwort „Umsonst habt ihr empfangen, umsonst sollt ihr geben“ (Mt. 10,8) schloss.
In den eigens formulierten Fürbitten wurde verschiedener Väter und Vätergruppen gedacht. Als am Ende des Gottesdienstes das von Konstantin Wecker verfasste Gedicht „Für meinen Vater“ vorgetragen wurde, war die Aufmerksamkeit der Mitfeiernden zum Greifen.
FÜR MEINEN VATER
Niemals Applaus, kein Baden in der Menge
und Lob, das nur vom kleinsten Kreise kam.
Und das bei einer Stimme, die die Enge
des Raumes sprengte, uns den Atem nahm.
Dein „Nessun dorma“ war von einer Reinheit,
die nur den Allergrößten so gelang.
Du blühtest nur für uns. Der Allgemeinheit
entzog das Schicksal Dich ein Leben lang.
Und trotzdem nie verbittert, keine Klage,
Du sagtest einfach, Deine Sterne steh´n nicht gut,
doch gaben Dir dieselben Sterne ohne Frage
die Kraft zur Weisheit und unendlich Mut.
Mir flog das zu, was Dir verwehrt geblieben
Du hattest Größe und ich hatte Glück.
Du hast gemalt, gesungen,
hast ein Buch geschrieben
und zogst Dich in Dich selbst zurück.
Du hast die Liebe zur Musik in mir geweckt
und ohne Dich wäre ich unendlich arm geblieben.
Du bliebst verkannt und hast Dich still entdeckt
ich war umjubelt und ich hab mich aufgerieben.
Das, was ich heute andern geben kann,
wäre nicht denkbar ohne Dich.
Es ist Dein unbeachteter Gesang,
der in mir klingt und nie mehr von mir wich.
Und meistens sagt man erst zum Schluss,
was man verdeckt in tausend Varianten schrieb:
wenn ich an meinen Vater denken muss,
dann denk ich stets: ach Gott, hab ich ihn lieb!
Auch der von Johannes Chum, dem Pastoralassistenten der Pfarre Deutschlandsberg verfasste und von Pfarrmoderator Wawrzonek gespendete Segen berührte die Gottesdienstbesucher und –besucherinnen:
SEGEN
Jesus möge Eure Augen segnen,
damit sie Gottes wunderbare Schöpfung sehen können.
Jesus möge Euch ein feines Gehör schenken,
damit Ihr unter den vielen Stimmen immer Gottes Stimme hören könnt.
Jesus möge Euren Mund segnen,
damit Ihr die vielen Köstlichkeiten der Erde schmecken könnt.
Jesus möge Euch vor Worten bewahren, die andere verletzen.
Jesus möge Eure Hände segnen, damit sie behutsam sind.
Jesus möge Euer Herz segnen, damit es verzeihen und Freude und Leid teilen kann.
Liebender Gott, wir bitten Dich für alle Väter:
Geh Du mit ihnen, führe Du sie die guten Wege durchs Leben.
Sei Du bei ihnen, im Arbeitsalltag, daheim, in der Familie und wenn sie mit ihren Kindern spielen.
Lass sie uns ein Vorbild sein, achtsam und verständnisvoll im Miteinander, treu in der Liebe und ein Beispiel im Glauben.
Amen.
Am Ende des Gottesdienstes konnten sich die Väter und sonstige Interessierte die Vatertags- Nummer des Magazins „Der Sonntag“ zum Thema „Vater-Sein braucht Mut“ und auch das Männermagazin Y über „Die neuen Väter“ mitnehmen.
Nicht nur nach dem Gottesdienst wurde über das Vater-Sein engagiert diskutiert. Selbst eine Woche später war dies für einen jungen Vater noch immer ein Thema, wofür er sich herzlich bedankte.
Franz Vock