30. Sommerakademie der KMBÖ


Rückblick auf die Veranstaltung vom 13. bis 16. Juli 2016 in St. Pölten zum Thema: Männerleben.

St. Pölten, 15.07.2016 (dsp  / Cordero) Die hohen Erwartungen an heutige Männer und ihre oft sehr unterschiedlichen Rollen als Vater, Unternehmer, Freund und Partner stehen im Mittelpunkt der 30. Sommerakademie der Katholischen Männerbewegung (KMBÖ), die in St. Pölten stattfand.

Eröffnet wurde die Tagung mit einem Gottesdienst, den Altmilitärbischof Christian Werner leitete.

Eröffnungsgottesdienst der Sommerakademie: (v.l.n.r.) KR. Richard Jindra, Altbischof Christian Werner und Erich Hitz (Geistlicher Assistent KMB-St. Pölten)

Eröffnungsgottesdienst der Sommerakademie: (v.l.n.r.) KR. Richard Jindra, Altbischof Christian Werner und Erich Hitz (Geistlicher Assistent KMB-St. Pölten)

Am ersten Tag referierten Dr. Franz Gütlbauer, ehemaliger KMB-Obmann der Diözese Linz und DDR. Paul Eiselsberg zum Thema „spannendes Männerleben“. Referent Paul Eiselsberg, Leiter des Bereichs für gesellschaftspolitische Forschung beim IMAS-Institut, sieht im Zuge vieler Werte- und Strukturwandel, in der z.B. die Patchwork-Familie zum Normalfall geworden sei, auch positive Entwicklungen: Das Idealbild des Mannes habe sich in den letzten Jahren stark verändert, “der ideale Mann ist zuvorkommend, hilft im Haushalt, er ist unbedingt treu, er ist warmherzig und sensibel”.

Laut Eiselsberg unterscheidet sich z.B. die Vaterrolle deutlich von jener der 1970er-Jahre, das Engagement der Väter habe deutlich zugenommen. Geforderte “Schlüsselqualifikationen” in der Familie und in Beziehungen, im Haushalt, aber auch in der Arbeitswelt seien Zeitmanagement, Reflexion und Entspannung sowie Gegenwartsbezug, so der Experte.

(v.l.n.r.) Dr. Franz Gütlbauer, DI Dr. Leopold Wimmer, DDR. Paul Eiselsberg

(v.l.n.r.) Dr. Franz Gütlbauer, DI Dr. Leopold Wimmer, DDR. Paul Eiselsberg

Auch Astrid Ebenberger, Vizepräsidentin des Katholischen Familienverbandes, sah in ihrem Vortrag die Rolle von Männern in der Gesellschaft stark verändert: “Der Mann spielt eine immer wichtigere Rolle in der Familie als Erziehungspartner, als Pädagoge im Bildungssystem und als Vater und Kinderbetreuer.” Daher fordere der Familienverband, dass gemeinsame Familienzeiten stärker in den Vordergrund rücken, der arbeitsfreie Sonntag erhalten bleibt und dass den Familien mehr Kinderbetreuungsmöglichkeiten geboten werden.

Eine weniger optimistische Sicht der Vaterrolle brachte der Generalsekretär der Fraktion Christlicher Gewerkschafterinnen und Gewerkschafter im ÖGB (FCG), Andreas Gjecaj, in seinen Ausführungen über Männer in der Arbeitswelt ein. “Da derzeit der weit überwiegende Teil unbezahlter Arbeit in Europa von Frauen geleistet wird, ist eine gerechtere Aufteilung der Arbeit vorrangig. Diese bedeutet sowohl eine Ablösung der einseitigen Abhängigkeit zugunsten des Berufs bzw. der Familie, als auch ein Gegenmodell zur „vaterlosen Gesellschaft“.

Laut dem Christgewerkschafter würde nicht nur die Wirtschaft von einem höheren Anteil an Frauen – auch in höheren und leitenden Positionen – profitieren, sondern würden auch Männer aus verstärktem “Vater-Sein” für sich und ihre Kinder eine bleibende Bereicherung für ihr Leben erfahren. Gjecaj plädierte Im Kontext der gerechten Aufteilung von Arbeit auch für eine Verkürzung der wöchentlichen Arbeitszeit.

(v.l.n.r.) Andreas Gjecaj, KMB-Stv. Obmann Herbert Nussbaumer, Astrid Ebenberger und Rosina Baumgartner (beide Kath. Familienverband)

(v.l.n.r.) Andreas Gjecaj, KMB-Stv. Obmann Herbert Nussbaumer, Astrid Ebenberger und Rosina Baumgartner (beide Kath. Familienverband)

Spannungsfeld Freizeitwelt – Glaubenswelt

Am Freitag, den 15. Juli referierten Dr. Johannes Huber MBA, Gründer von Alphalauf International, Organisationsreferent in der Diözese Graz-Seckau und Diakon Gerhard Kahl, Diözesan-Männerseelsorger Bistum Augsburg zum Thema „Freizeitwelt und Glaubenswelt für Männer“. Unter der Moderation von Helmut Dachs, Stv.-Obmann der KMBÖ, setzten sich beide Referenten mit der Frage auseinander, wie Männer ihren Glauben mit der Freizeit verbinden können.

Dr. Johannes Huber stellte das Spannungsfeld zwischen Freizeitwelt und Glaubenswelt vor. Die Spannung entsteht durch die Vielzahl an Möglichkeiten, aber auch schon alleine durch zwei vorherrschende Pole.

„Wie kann man diese Spannung lösen? Ignatius von Loyola empfiehlt Spannungen auszuhalten und scheinbar gegenseitige Pole zu verbinden. Der reife Mensch hat gelernt mit Spannungen zu leben und einen gesunden Lebensrhythmus finden, das  bedeutet auch lernen „nein“ zu sagen“, so Huber

Huber beendete sein Referat mit der Frage: Wird es der Kirche gelingen, Formate anzubieten, die viele junge Männer begeistern und gibt es in der Kirche kompetente Ansprechpartner für diese Männer?

(v.l.n.r.) Dr. Johannes Huber, Diakon Gerhard Kahl, KMB-Stv. Obmann Helmut Dachs

(v.l.n.r.) Dr. Johannes Huber, Diakon Gerhard Kahl, KMB-Stv. Obmann Helmut Dachs

Diakon Gerhard Kahl, Bistum Ausgsburg, präsentierte in seinem Referat die „Männernachtwahlfahrten von Gründonnerstag auf Karfreitag“.

„Glaubenswelt und Freizeitwelt sind kein Gegensatz. In der Freizeitwelt wird der heutige Mann vor allem seinen Glauben, wie immer er Gott auch verstehen mag, erfahren und leben können. Gerade die Freizeitwelt als ein Bereich des Männerlebens, in der ein Mann ganz ohne Verpflichtungen sein kann, kann ein Öffner sein für das Herz des Mannes. Die Männerarbeiter werden in der Freizeit des Mannes bzw. in der Freizeitwelt passende Elemente setzen. Dabei geht es viel um sich selbst wahrnehmen: seine Gefühlswelt, seine Gedankenwelt, seine Lebenserfahrungen. Es geht um Aufbau von Männernetzwerken. Es geht um Beziehungsarbeit. Es geht um das Säen für das Reich Gottes, nicht vor allem um das Ernten.“

„Deswegen gibt es seit über zehn Jahren im Bistum Augsburg Nachtwallfahrten. Von Gründonnerstagabend bis Karfreitag finden an die vierzig Nachtwallfahrten im Bistumsgebiet statt. Die meisten Veranstaltungen werden von zwei bis drei Männern organisiert und durchgeführt. Die Männer sind ehrenamtlich tätig und in der Regel keine Kirchenprofis. Im Jahr 2016 hat es 40 Nachtwallfahrten im Bistum Augsburg gegeben. Warum sind die Nachtwallfahrten so erfolgreich? Männer sind gerne in der Natur und bewegen ihren Körper. Dadurch kommen Männer zu sich, ihrem Inneren, ihren Gefühlen und all dem, was sie bewegt. Männer lieben Gemeinschaft unter Männern – ohne viel reden zu müssen – und die Stille. Männer lieben klare und ritualisierte Abläufe. Männer brauchen zarte geistliche Akzente, die auch körperlich und ganzheitlich erfahrbar werden und letztendlich wollen Männer Geistliches ohne von Frauen bestimmt bzw. geleitet werden. Auch beim Geistlichen gilt: Männer brauchen Männer – Männer brauchen Brüder“, betonte Kahl.

Am Freitagabend lud die Katholische Männerbewegung der Erzdiözese Wien zum Abendessen ein. 50 Tagesgäste und eine Delegation mit 30 Frauen und Männern aus der Steiermark wurden bestens bedient.

Innere-äußere Erwartungen von Männern und Frauen

Zum Abschluss der Sommerakademie referierten der Männerexperte, Dr. Erich Lehner, und Mag.a Eva Bitzan,  Ehe- und Familienberaterin, zum Thema „Männerleben: innere und äußere Erwartungen“.

Dr. Lehner (links) und Mag.a Bitzan (links) referierten über Erwartungen von Männern und Frauen

Dr. Lehner (links) und Mag.a Bitzan (links) referierten über Erwartungen von Männern und Frauen

Laut Mag.a Bitzan sind die Erwartungen der Frau an den Mann, dass er kommuniziert, ein aktiver Partner und Vater ist und, dass er Seite an Seite mit den Mütter ihren heranwachsenden Söhnen die Welt begreifbar, „erfühlbar“ und „bewältigbar“ macht. „Wir Frauen möchten verstehen und verstanden werden, die Geschlechterrollen sollen nicht abgeschafft werden, sondern dass eine Verwebung von Männlichen und Weiblichem passiert“, so Bitzan.

Für Dr. Lehner sind die inneren Erwartungen des Mannes klar definiert, generell hat der Man das Bedürfnis zu lieben und zu arbeiten. Der Mann möchte im Laufe der Zeit sich im Leben durchsetzen, erfolgreich sein, unabhängig, selbständig und anerkannt sein. Der Mann möchte außerdem sich selbst verwirklichen, etwas  schaffen und  gestalten. Der Mann spürt die Erwartung der anderen Männer (Vorgesetzte etc.) und möchte ganz zur Verfügung stehen. Gleichzeitig will er für die Partnerin und als Vater präsent sein. Seine Kommunikation wird durch Externalisierung und Konkurrenzorientierung geprägt.

“Ich wünsche mir, dass Männer offen kommunizieren. Auch dass Männer zuhören, das ist auch Kommunikation. Reden wir miteinander über das Leben!”, so Bitzan abschliessend.

“Männer sollen ihre Gefühle und Bedürfnisse wahrnehmen. Wir sollen unsere Identität weiterentwickeln und diesen Weg sollen wir nicht alleine gehen, sondern in Partnerschaft”, so Lehner.


Morgen-, Abendlobe, Freizeit und Kultur

Mit täglichen Morgen- und Abendloben  wurde das Jahresthema „Männerleben” mit Bibelstellen, Gebeten, Liedern und Meditationen eingebracht. In verschiedenen Arbeitsgruppen analysierten und diskutieren die TeilnehmerInnen die Tagesthemen. In der Arbeitsgruppe Kultur und Freizeit wurden die Sehenswürdigkeiten in St. Pölten und Umgebung besichtigt. Highlight der Exkursionen war der Ausflug nach Stift Göttweig: hier wurde die kleine Delegation von der KMB vom Abt Columban Luser persönlich empfangen. Abt Columban führte die Gruppe durch das Stift und erzählte über die Geschichte und Besonderheiten von Göttweig. Vielen Dank an Stift Göttweig und Abt Columban!

Abt Columban (Mitte) und die KMB-Delegation

Abt Columban (Mitte) und die KMB-Delegation


Luis Cordero, Pressereferent der KMBÖ