Gedanken zum Hochfest Erscheinung des Herrn


Epiphanie, Erscheinung des Herrn: göttliche Wahrheit und Herrlichkeit leuchten, wenn auch noch verborgen, in dem Kind von Betlehem. Suchende Menschen finden den Weg (Magier, Könige, Sterndeuter). Sie kommen mit Gaben und gehen als Beschenkte. Weil dieses Kind geboren wurde, gibt es für alle Menschen Hoffnung, auch für die in der Ferne.

„Wir haben seinen Stern aufgehen sehen und sind gekommen, um ihm zu huldigen.“ „Als sie den Stern sahen, wurden sie von sehr großer Freude erfüllt.“ (Mt 2, 2, 10)

Als sie den Stern sahen, wurden sie von sehr großer Freude erfüllt.

„Binde deinen Karren an einen Stern“.  Leonardo da Vinci ermunterte mit dieser schönen Aufforderung seine Zeitgenossen, wohl wissend, dass Sterne Symbolkraft haben. Sternstunden oder Highlights nennen wir besondere Augenblicke unseres Lebens. Sie ereignen sich, wenn ein Ziel erreicht, ein Wunsch erfüllt wurde oder etwas geglückt ist. Sterne haben die Menschen von jeher fasziniert. Schon sehr früh in der Geschichte der Menschheit wurde der Himmel sorgsam und systematisch beobachtet. Man geht heute davon aus, dass die Urheimat der Sternenkunde in der Sumero-Babylonischen Kultur anzusiedeln ist und bis ins 3. vorchristliche Jahrtausend zurückgeht.

Jesu Stern hat sie in Bewegung gebracht.

Ein neuer Stern

Auch die Sternkundigen aus dem Orient folgen einem Stern.  Es ist nicht irgendein Stern. Es ist sein Stern,  wie es im Evangelium heißt. Jesu Stern hat sie in Bewegung gebracht. Er orientiert die Männer aus dem Orient.  Er leitet sie auf ihrer langen und spannenden Reise,  deren genauen Zielort sie nicht kennen. So geschieht es,  dass sie dann zuerst einmal in Jerusalem ankommen.  Im Zentrum der Macht. Sind sie damit am Ziel?  Das könnte man auf den ersten Blick meinen.
Im Zentrum der Macht – so sehen es manche Menschen – ist man am Ziel. Im Zentrum der Macht geht es jedoch vor allem um den Machterhalt. Das erfahren die Magier in Jerusalem bei dessen Machthaber. Herodes steht für die alte Welt. In ihr geht es um Herrschaft, Einfluss, Erfolg, Gewinn  und viele Follower würde man heutzutage sagen. Herodes versucht deshalb folgerichtig und taktisch geschickt, die Durchreisenden für seine Interessen zu instrumentalisieren.
In seiner Welt kommt zwar die Botschaft an, dass vor den Toren Jerusalems ein neuer Stern am Aufgehen ist. Dass dieser aber für eine andere Wirklichkeit steht, für die Wirklichkeit Gottes, das dringt in die alte Welt nicht durch. Das bedroht sie lediglich. Die Weisen aber sind nicht auf der Suche nach Macht, sondern nach dem König ihres Herzens. Weil sie ihren Lebenskarren an einen guten Stern gebunden hatten, konnte sie der König nicht vor seinen Karren spannen.

Die Weisen aber sind nicht auf der Suche nach Macht, sondern nach dem König ihres Herzens

Wahre Sternstunden

In den Sternkundigen kann ich mich selber erkennen und finden. Unterwegs auf der Lebens-reise, unruhig, ahnend und hoffend, vielleicht gottsuchend. Nicht Karte und Kompass sind auf diesem Weg nötig. Entscheidend ist die Sehnsucht des eigenen Herzens. Die Versuchung, den je eigenen Stern der Lebensberufung aus dem Auge zu verlieren und sich stattdessen an die Herrschenden und Mächtigen zu halten, kann jeden und jede überkommen. Man kann auf der richtigen Spur bleiben, indem man bisweilen innehält, den Standort wahrnimmt und überprüft und dann gegebenenfalls – wie die Weisen – wieder auf den Weg zurückzukehrt, den der Stern weist. Keine Macht und keine Mächtigen  der Welt sollten uns daran hindern, die Fährte der Sehnsucht aus den Augen zu verlieren und dem Stern der Gottsuche auf der Spur zu bleiben. Die Sehnsucht ist uns von Gott selbst ins Herz gepflanzt worden. Denn die Sehnsucht Gottes ist der Mensch – so der Heilige Augustinus. Und deshalb kommt, wer Gott sucht, immer unweigerlich beim Menschen an. Deshalb finden die Sterndeuter am Ziel ihrer Reise nichts als ein hilfloses Kind.

Das ist die anregende weihnachtliche Botschaft, die durch dieses Jahr begleiten und leiten kann:  Wer Gott sucht, kommt immer beim Menschen an, bevorzugt bei den Armgehaltenen und Ohnmächtigen. Es gibt keinen anderen Weg. Der Theologe Karl Rahner hat dies in die Kurzformel gebracht: „Rede von Gott ist Rede vom Menschen. Wer Gott sucht, kommt am Menschen nicht vorbei. In jedem Menschen, so wie er ist, in aller Unverstelltheit, wird etwas vom Geheimnis Gottes erfahr- erahnbar.“ Vielleicht sind das die wahren Sternstunden: In den Augen derer, die es in vielfältiger Weise im Leben schwer haben, das Antlitz Gottes zu erkennen.

Wir befinden uns im Verlauf der Zeit nie auf ein und demselben Punkt, denn was auf uns zukommt, ist gleich gegenwärtiger Augenblick, der im Nu der Vergangenheit angehört. Unser Leben ist einer ständigen Bewegung unterworfen, erstens einem immerwährenden Neubeginn – egal, ob es sich um unsere Gedanken, Unternehmungen, Entscheidungen oder um Begegnungen mit Menschen handelt – und zweitens einem immer wieder zu vollziehenden Abschluss, weil wir doch dem inneren Drang, einer Absicht und einem Wollen folgen, vieles zu Ende führen zu sollen.

Auf unserer Pilgerschaft durch diese irdische Zeit wird einmal alles ein Ende haben. Dann werden wir den treffen, auf den wir unsere ganze Hoffnung gesetzt haben. Die Sterndeuter, diese geheimnisvollen Gestalten aus dem Osten, verkörpern alle Menschen, die zu Christus unterwegs sind, denn im Grunde genommen sind sie die ersten richtigen Pilger; alle früheren Pilgerwege – auch die zum Jerusalemer Tempel – haben zu einem Heiligtum geführt, die Schritte der Weisen führen aber zu einem Menschenkind, auch wenn sie vielleicht damals von dessen wahrer Bestimmung nichts wissen konnten.

Die Sterndeuter finden am Ziel ihrer Reise nichts als ein hilfloses Kind.

Die Heiligen Drei Könige sind nicht staunend stehen geblieben und haben nicht nur mit Begeisterung und innerer Bewegung die Gestirne und jenen auffallenden Stern betrachtet, sie sind losgezogen. Mit den ersten Schritten beginnen sie eine lange Reise, von der sie nicht wissen, wohin sie sie führt, welchen Gefahren sie ausgesetzt sein würden und ob sie das Ziel der Reise überhaupt jemals erreichen würden. Aber sie wagten es und so konnten sie die Erfahrung machen, dass sie der Stern sie zu einer Begegnung mit Gott führt. Wer sitzen bleibt und nicht losfährt, kann keine Erfahrungen sammeln. Wer nicht den Mut aufbringt, aufzubrechen und sich auf dem Lebensweg der Führung Gottes anzuvertrauen, wird nicht das Kind in der Krippe und in seinem Leben niemals Gott finden. So soll das Leben und vor allem der Glaubensweg jedes Menschen durch einige Gegebenheiten geprägt werden, nämlich durch Beobachten, Erkennen der Zeichen der Zeit, durch bewusstes Loslassen, Aufbrechen, durch Suchen und Fragen und nicht zuletzt durch Niederknien und Anbeten.

Gerade im Augenblick einer solchen demütigen Haltung, also in wahrer Ergebenheit und zugleich im Bewusstsein vollster Demut gegenüber der Größe Gottes wird sich seine wahre Größe entfalten, indem ihm aus der unendlichen göttlichen Größe die Kraft der Liebe verliehen wird, die Voraussetzung für ein erfülltes Leben ist.  

Die Texte sind Kommentare zu den Liturgischen Texten und
Ausschnitte aus einer Sammlung von Diakon Ing. Peter ERNST.
Bilder: Wikimedia Commons, Pixabay